Gut sichtbar hängt die Chemo-Glocke mitten auf dem Stationsflur der Kinderonkologie, umrahmt von einer blauen Tafel, darauf eine Sonne, ein Regenbogen und eine Wolke. In der Wolke ist folgender Spruch zu lesen: „Schließe ab mit dem, was war, sei glücklich mit dem, was ist und offen für das, was kommt.“
Im Oktober durfte die kleine Leni die Glocke als erste Patientin läuten. „Das war so ein wichtiger Tag für uns. Wir haben Monate auf diesen Tag hingefiebert und gehofft“, erinnert sich die Mutter und Lenis Vater ergänzt: „Für mich sind all diese Kinder wahre Helden. Damit ihr Kampf entsprechend gewürdigt wird, hatten wir die Idee, der Station eine Chemo-Glocke zu spenden.“ Mit viel Liebe zum Detail gestaltete das Paar die Glocke gemeinsam mit einem befreundeten Tischler. Zum Abschluss von Lenis Behandlung zog sie dann auf der Station ein.
Die Idee kommt ursprünglich aus Amerika, als vor über 20 Jahren ein ehemaliges Marinemitglied zum Abschluss seiner Krebstherapie eine Glocke mit ins Krankenhaus brachte. In der Marine ist es Tradition, zu besonderen Anlässen eine Glocke zu läuten und genau das wollte er zum Abschluss seiner Behandlung auch tun. Er spendete diese Glocke – und die schöne Idee der Chemo-Glocke war geboren.
„Allein der Anblick der Glocke, ihr Klang und die Perspektive, sie selbst bald zum Erklingen zu bringen, gibt jeden Tag Hoffnung“, weiß Alisa Manske, Psychologin und Leitung vom Psychosozialen Dienst der Kinderklinik am Helios Klinikum Krefeld. „Während der Therapie ist sie Motivation und Hoffnungsträger. Zu sehen wie Mitpatient:innen die Glocke läuten, stärkt das Gemeinschaftsgefühl“, erklärt sie. Auch das sei wichtig. Erst vor kurzem berichtete ihr ein Vater, dessen Sohn erkrankt ist, dass er kurz nach der Diagnose voller Ängste und Sorgen war. „Als er dann bei einer Feier zum Läuten der Glocke dabei sein durfte, hat ihm das sehr viel Hoffnung gegeben.“ Ähnlich wie bei anderen Feierlichkeiten wird auch hier ein neuer Lebensabschnitt zeremoniell begangen, also sprichwörtlich eingeläutet. „Es würdigt aber auch das Durchhalten, die schlimmen Phasen werden dabei ebenso anerkannt, denn nur dann kann abgeschlossen und etwas Neues begonnen werden“, erklärt die Psychologin die Bedeutung der gemeinsamen Zeremonie, die auch Reden und Geschenke von Angehörigen und dem Team beinhaltet.
„Für uns war es wichtig, nach der Behandlung unserer Tochter, dem Team der Station etwas zurückzugeben. Wir haben uns hier als Familie immer gut aufgehoben gefühlt und dank der Ärzte und Pflegekräfte nie die Hoffnung verloren“, so Lenis Mutter. Und mit der Glocke möchten sie diese Hoffnung auch an künftige Patient:innen und ihre Familien weitergeben.