Die Vermittlung der Teilnehmenden in das Projekt LIPSY – einer Abkürzung für „Leipzig Individual Placement & Support für Menschen mit psychischer Erkrankung“ – erfolgt durch über 240 speziell für das Projekt geschulte Integrationsfachkräfte des Leipziger Jobcenters. Wenn in den Vermittlungsgesprächen psychische Belastungen thematisiert werden, bieten diese ihnen eine freiwillige Teilnahme am Programm an. Die Teilnehmenden absolvieren dann zunächst eine psychologische Ersteinschätzung bei einer der Psychologinnen des Helios Park-Klinikums, die vor Ort im Jobcenter tätig sind. Im Rahmen der psychologischen Diagnostik geht es auch um psychosoziale Hintergründe wie Schulden, Sucht oder Einsamkeit, aber auch bestehende Veränderungswünsche.
Im anschließenden Auswertungsgespräch werden mit den Teilnehmenden die Ergebnisse der Diagnostik und mögliche weiterführende Hilfen im Leipziger Versorgungsnetz besprochen. Dazu gehört die Vermittlung in das Hilfesystem der Stadt Leipzig, also beispielsweise an Fachärzte, Psychotherapeuten, Beratungsstellen oder in Selbsthilfegruppen. Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen bekommen ein Behandlungsangebot in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) des Helios Park-Klinikums Leipzig.
Gesundheits- und beschäftigungsorientierte Beratung
Im zweiten Teil des Projekts erhalten die Teilnehmenden berufliche Unterstützungsangebote mit ganzheitlichem Ansatz: Ein im Rahmen des Projekts etabliertes Team des Jobcenters berät die Teilnehmenden zu möglichen beruflichen Perspektiven. Die Beratung ist dabei immer gleichzeitig gesundheits- und beschäftigungsorientiert ausgerichtet. Erfahrungen zeigen, dass bereits die Schaffung einer beruflichen Perspektive den Genesungsprozess befördert und Betroffene motiviert, sich noch mehr für ihre eigene Gesundheit stark zu machen.
Fokus auf die Ressourcen und Potentiale der Teilnehmenden
Teilnehmende, die durch das psychologisch besetzte Projektteam im Jobcenter Leipzig mit einer schwereren psychischen Erkrankung diagnostiziert wurden, haben die Möglichkeit, in der Psychiatrischen Institutsambulanz des Helios Parkklinikums ein individuell, bedarf- und ressourcenorientiertes Jobcoaching in Anspruch zu nehmen. Frau Prof. Katarina Stengler, Leiterin des LIPSY-Projektteils im Zentrum für Seelische Gesundheit des Helios Park-Klinikums Leipzig betont:
Die Jobcoaches, als Teil des multiprofessionell aufgestellten therapeutischen Teams, unterstützen bei der berufliche (Neu-) Orientierung, der Arbeitsaufnahme und begleiten Teilnehmende auch nach erfolgter Aufnahme der beruflichen Tätigkeit weiter - bei Bedarf langfristig und ohne zeitliches Limit.
Die Beratungsteams stellen die vorhandenen Stärken und Potentiale der Menschen in den Mittelpunkt und durchbrechen damit eine oftmals schon jahrelang bestehende Resignation angesichts der eigenen Defizite. Das beginnt bei der Betrachtung der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen: „Es ist für die Menschen sehr wichtig zu hören, dass sie nichts für ihre Erkrankung können. Sie haben es sich nicht ausgesucht und sie müssen nicht allein damit klarkommen. Für die meisten Krankheitsbilder gibt es Hilfe, die man in Anspruch nehmen darf. Eine psychische Erkrankung muss nicht immer ein Dauerzustand sein“, beschreibt Luise Bieler, Psychologin am Helios Park-Klinikum Leipzig und für die Projektzeit im Jobcenter Leipzig tätig.
„Viele Teilnehmende erstaunlich jung”
Mathias Alberti, Diplom-Sozialpädagoge und Projektkoordinator des Modellprojekts LIPSY für das Helios Parkklinikum Leipzig, blickt auf die vergangenen vier Jahre zurück:
Prof. Steffi Riedel-Heller, Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig, verantwortlich für die Evaluation des Projekts, ergänzt: „Überraschend ist, wie jung viele der Teilnehmenden sind. Das Durchschnittsalter liegt bei 35 Jahren. Viele dieser Menschen sind bereits über fünf Jahre arbeitslos.“ Dr. Maria Koschig, Wissenschaftlerin am ISAP, fügt hinzu: „In knapp der Hälfte der Fälle waren die Teilnehmenden trotz krankheitsrelevanter Symptomatik zu Projekteintritt weder in psychotherapeutischer noch in psychiatrischer oder neurologischer Behandlung. Diese Ergebnisse wurden bereits veröffentlicht.“
Ausblick: Verstetigung ist wünschenswert
Die angesetzte Projektlaufzeit von LIPSY endet im Sommer 2025. Das letzte halbe Jahr werden die Projektpartner mit der Auswertung des Projekts sowie der Begleitevaluation verbringen, die das Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig umsetzt. „Das Ziel der Beteiligten ist eine Verstetigung erfolgreicher Projektteile“, unterstreicht Alexander Macheit, Projektkoordinator für das Jobcenter Leipzig. „Wir sind mit Akteuren auf Landes- und Bundesebene im Austausch, um arbeitssuchenden Menschen mit psychischen Einschränkungen auch langfristig eine Perspektive bieten zu können. Aus unserer Sicht hat sich die im Modellprojekt praktizierte Zusammenarbeit von Jobcenter Leipzig und Helios Park-Klinikum Leipzig im Sinne der Teilnehmenden als äußerst hilfreich und erfolgreich erwiesen.“