Adam Gasch, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme der Helios Kliniken Mittelweser, freut sich über sein neu erlangtes Zertifikat der ärztlichen Zusatzbezeichnung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“. Doch was bedeutet das genau – ist es nicht logisch, dass Ärzte in einer Notaufnahme auch eine Ausbildung für die Notaufnahme haben? Eben nicht. „Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gab es in Deutschland den Notfallmediziner per se als Aus- oder Weiterbildung noch nicht“, erläutert Gasch. Bislang sind in deutschen Notaufnahmen nur Fachärzte für Innere Medizin, Chirurgie oder auch anderen Richtungen zu finden. Das Ergebnis: Die Patienten werden von unterschiedlichen Ärzten untersucht, bis die richtige Fachrichtung gefunden wird. „Das klassische Beispiel ist der Patient mit unklaren Bauchschmerzen“, so Gasch. Sprich: Der Patient wird aufgrund der Bauchschmerzen anfangs vom Internisten untersucht, dann vom Bauchchirurgen und ist am Ende dann doch ein Fall für den Urologen oder – im Falle von Patientinnen – für den Gynäkologen.
„Das ist wertvolle Zeit, die verloren geht“, betont der Chefarzt. Die Weiterbildung für die Zusatzbezeichnung „klinische Akut- und Notfallmedizin“ setzt genau da an, dass der behandelnde Arzt der Notaufnahme Symptome und Krankheitsbilder aus allen Fachrichtungen erkennt. „Unser Anspruch ist eine zügige und korrekte Diagnostik, um den Patienten schnellstmöglich versorgen zu können“, so Gasch. In der Notaufnahme der Nienburger Helios Klinik wird schon seit Längerem nach diesem Ansatz gearbeitet. „Natürlich werden alle Ärzte unserer Notaufnahme durch uns entsprechend geschult“, erläutert Dr. Michael Stalp, ärztlicher Direktor der Helios Kliniken Mittelweser. „Neu ist eben die gesetzliche Grundlage hierfür.“
Wie die Notfallstrukturen in Krankenhäusern auszusehen haben, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bereits in 2018 beschlossen. Hierin werden drei Stufen anhand von Kriterien wie Räumlichkeiten, vorgehaltener Fachabteilungen, Qualifikationen in der Pflege und ärztlichem Dienst definiert. „Wir zählen zur Stufe 2 mit dem Titel Erweiterte Notfallversorgung“, erklärt Gasch. Das Angebot der 24-monatigen Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ wurde in Niedersachsen allerdings erst zum 1.1.2021 eingeführt. Da Gasch zuvor in Nordrhein-Westfalen tätig war, konnte er die Weiterbildung bereits dort beginnen und ist nun einer der ersten Mediziner in Niedersachsen, die dieses Zertifikat vorweisen können. „Hier haben wir eine echte Vorreiterrolle“, freut sich Stalp.
Für Gasch ist dies allerdings immer noch nicht genug. Er wünscht sich auch für Deutschland die Ausbildung als Facharzt für Notfallmedizin. „Der Umweg über den Facharzt für Innere Medizin und die 24-monatige Weiterbildung in der klinischen Notfallmedizin muss nicht sein. In den meisten europäischen Ländern und im angloamerikanischen Raum ist der Facharzt für Notfallmedizin schon seit vielen Jahren Teil des Krankenhausportfolios. Deutschland hinkt da leider etwas hinterher.“
Doch der Notfallmediziner aus Überzeugung setzt sich auch neben der normalen beruflichen Tätigkeit für dieses Ziel ein. Als Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) e.V. zieht er auch im Hintergrund die Fäden, damit der Facharzt für Notfallmedizin auch bei uns bald Standard wird.
Wir gratulieren Adam Gasch zum ersten Schritt in diese Richtung!
Foto: v.l. Dr. Michael Stalp, ärztlicher Direktor und Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Adam Gasch, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme