Essen hält Leib und Seele zusammen – das war schon immer das Motto in Janna Sengs Familie. Mit ca. 10 Jahren nimmt sie langsam, aber stetig zu. Das Gewicht stört sie immer mehr, gerade später als Jugendliche. „Mit 18 Jahren habe ich über drei Jahre hinweg schon einmal ca. 50 kg abgenommen, doch leider wieder zugenommen“, so die 40-Jährige. Danach folgten immer wieder Anläufe, ob mit Diäten oder Sportkursen im Fitnessstudio. Die junge Frau bekommt zwei Kinder. „Es sind jetzt keine typischen Schwangerschaftskilos, sondern tatsächlich stimmte insgesamt das Essverhalten einfach nicht.“ Mitte 2022 entscheidet sich sie dann für einen Eingriff. „Eine Bekannte hatte sich vor zehn Jahren bei Herrn Dr. Kolaska operieren lassen und war begeistert. Daher habe ich auch bei ihm einen Termin vereinbart“, so Seng. Dr. Xaver Kolaska, leitender Oberarzt Viszeralchirurgie und Sektionsleiter Adipositaschirurgie, klärt sie auf.
Die Operationsmethoden
„Von den OP-Verfahren her arbeite ich zum einen mit der Magenteilentfernung, dem sog. Schlauchmagen, zum anderen mit dem Magenbypass. Welche Methode angewendet wird, ist von unterschiedlichen Faktoren wie u.a. Voroperationen oder Nebenerkrankungen abhängig. Jedes Verfahren hat seine Vorzüge. Ich kläre die Patientinnen und Patienten genau auf, die finale Entscheidung treffen dann aber sie selbst“, erläutert Kolaska.
Bei der Bypassoperation wird oberen Bereich des Magens eine kleine Magentasche geformt und vom übrigen Magen getrennt. Dieser kleine, aktive Magenanteil wird mit einer Dünndarmschlinge verbunden, was zur Folge hat, dass der größere Anteil des Magens und eines Teils des Dünndarmes aus dem Verdauungstrakt ausgeschaltet werden. Der aktive Magenanteil wird so in den tieferen, nahrungstransportierenden Darmanteil eingeleitet. Dadurch wird die Nahrung nur verzögert mit Gallen- und Bauchspeicheldrüsensekret vermischt, die bei der Nährstoffabsorption helfen. Die nicht absorbierte Nahrung verlässt den Körper wieder mit dem Stuhl.
Bei Janna Seng jedoch fällt die Entscheidung auf die Magenverkleinerung, dem sog. Schlauchmagen. „Bei diesem Verfahren wird ein Teil des Magens entfernt, so dass am Ende nur noch ca. 10 % des Magenvolumens in Form eines Schlauches übrigbleiben. Der natürliche Mageneingang sowie -ausgang bleiben dabei erhalten“, erläutert der Sektionsleiter.
Wer jetzt jedoch denkt, dass die Operation nach dem Gespräch direkt starten kann, liegt falsch – denn es müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. „Die Adipositaschirurgie ist grundsätzlich das letzte Mittel. Es muss erkennbar sein, dass die Patientinnen und Patienten über Jahre hinweg konservative Versuche gestartet haben, um das Gewicht zu reduzieren“, so Kolaska.
Voraussetzungen für den Eingriff
Entsprechend der Leitlinien für Adipositaschirurgie ist eine Operation erst möglich bei Patientinnen und Patienten, die seit mindestens fünf Jahren einen Body-Mass-Index (BMI) von über 40 haben. Aber auch ein BMI über 35 kann relevant sein, wenn zusätzliche gesundheitliche Probleme bestehen wie z. B. Schlafapnoe oder Diabetes.
„Bei mir lag der BMI mit über 50 deutlich höher, diese Voraussetzung hatte ich erfüllt. Ich musste des Weiteren ein psychologisches Gutachten einreichen, ein Attest vom Endokrinologen mit Blut- und Schilddrüsenwerten sowie den Nachweis einer über einige Sitzungen gehenden Ernährungsberatung und bislang abgeleistete, offiziell, z. B. durch ein Sportstudio, begleitete Abnehmversuche“, erläutert die Patientin.
Im Vorfeld der Operation waren noch weitere Voruntersuchungen notwendig, z. B. die Spiegelung von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm sowie ein Ultraschall des Oberbauchs, um krankhafte Veränderungen wie Entzündungen, Geschwüre oder Tumore auszuschließen. Auch muss die Ernährung ca. 14 Tage auf eiweißreiche Flüssigkost umgestellt werden.
„Bei mir dauerte diese Phase deutlich länger, da meine Operation aufgrund einer Magenschleimhautentzündung verschoben werden musste. Anfang Januar startete ich mit der Eiweißkost und Mitte März war die Operation – da hatte ich dann alleine schon durch die Ernährungsumstellung 25 kg abgenommen“, erinnert sich Seng.
Was passiert nach der Operation?
„Zunächst haben die Patientinnen und Patienten natürlich schon Wundschmerzen, das muss ihnen auch bewusst sein. Hier geben wir natürlich entsprechende Schmerzmittel. Die Beschwerden können auch länger andauern, doch werden in der Intensität nach ca. drei bis vier Tagen in der Regel deutlich besser“, so Kolaska.
Eine Nahrungsaufnahme ist in den ersten Tagen nur flüssig möglich. „Ich nahm Wasser und Tee löffelweise zu mir und hatte direkt das Gefühl, ich hätte etwas gegessen. Der Magen war voll“, erinnert sich Seng. Ein bis zwei Wochen lang konnte sie nicht mehr als 30 bis 40 g in einer Mahlzeit zu sich nehmen. Für vier Wochen war nur sehr weiche, pürierte Kost erlaubt, dann durfte sie langsam auch festere Nahrung zu sich nehmen. Acht Wochen nach der Operation durfte sie dann wieder alles essen. „Die einzige Ausnahme sind kohlensäurehaltige Getränke, die werden nicht empfohlen“, so Seng.
Ein neues Leben
Die Gewichtsabnahme von Janna Seng war enorm, denn auf die vor dem Eingriff abgenommenen 25 kg sollten bis zum heutigen Tag noch 66 kg dazukommen. „Seit Anfang Januar 2023 habe ich nun mittlerweile über 90 kg abgenommen und habe mit 82 kg bei einer Größe von 1,83 Metern endlich das erträumte Normalgewicht. Mein Abnahmeziel war immer, ein gesundes Leben zu führen – für mich und für meine Familie. Ich möchte für meine Kinder alt werden“, so Seng. Die schönen Nebeneffekte wie die optische Veränderung ihres nun schlanken Körpers und sportliche Betätigungen genießt sie natürlich auch. „Einfach mal so morgens auf das Fahrrad springen und sechs Kilometer fahren, das wäre früher undenkbar gewesen“, betont sie.
Im Nachgang der Operation hat sie ebenfalls eine Reha gemacht, bei der sie viele Dinge für sich mitnehmen konnte. „Dass man ständig die Ernährungspyramide erklärt bekommt, nervt irgendwann – denn diese kennen eigentlich alle von Adipositas betroffenen Menschen sehr genau. Dass man trotzdem übergewichtig ist, hat oft andere Gründe. In der Therapie haben wir uns viel mit Selbstliebe beschäftigt, wie wir uns selbst Gutes tun können, ohne dies mit Essen zu verbinden. Dieser Ansatz ist viel wertvoller“, so Seng. Das Essverhalten im Alltag hat sich auch verändert. „Natürlich koche ich nun viel gesünder und bewusster. Meine Familie findet es auch gut“, freut sie sich.
Auch Kolaska ist zufrieden. „Frau Seng hat alles richtiggemacht. Ich freue mich sehr, dass sie ihr Ziel erreicht hat.“