Hygiene und Nachhaltigkeit – geht das überhaupt? Tatsächlich tun sich viele schwer, dieses im Krankenhausumfeld miteinander in Verbindung zu bringen. Und sicherlich ziehen viele Vorgaben des Infektionsschutzes auch eine hohe Müllproduktion nach sich, man denke nur an die persönliche Schutzausrüstung oder Sterilgut in Einwegverpackungen, welches nicht in die hausinterne Wiederaufbereitung kommt. Doch es gibt einen entscheidenden Punkt, bei dem eine deutliche Abfallreduktion möglich ist: Bei der Benutzung von Einweg- Untersuchungshandschuhen. Hier gilt es jedoch zuerst, mit falschen Vorstellungen aufzuräumen, denn das Tragen von Gummihandschuhen im Krankenhaus wird automatisch mit Hygiene in Verbindung gebracht – vor allem auch von den Patientinnen und Patienten. Dem ist allerdings nicht so.
„Gerade in der Corona-Zeit dachten die Menschen, Handschuhe würden sie gegen die Viren schützen. Dieser Gedanke hängt noch in den Köpfen. Doch tatsächlich ist das ein Trugschluss“, erläutert Bianca Brandes, die seit 2020 als Hygienefachkraft an den Helios Kliniken Mittelweser arbeitet. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Klinikhygiene klären in zahlreichen Schulungen auf, warum der Handschuh auch besser mal weggelassen werden sollte.
So haben Einweghandschuhe neben einer hohen Abfallproduktion tatsächlich auch viele andere Nachteile. Zu nennen wäre zum einen die Hautbelastung, denn durch das Tragen von Handschuhen entwickelt sich Feuchtigkeit im Handschuh - darunter leidet die natürliche Hautbarriere. In der Folge kann das passieren, was eigentlich verhindert werden sollte: Es können Infektionen und Ekzeme entstehen.
Auch täuschen Handschuhe eine falsche Sicherheit vor, da die Handschuhe Mikroläsionen aufweisen. Eine Erregerübertragung ist immer möglich und auch nachweislich höher, weil keine Händedesinfektion erfolgt. Auch eine Handschuhbox ist stark kontaminiert.
„Doch auch ein weiterer Faktor ist im Krankenhaus ganz entscheidend: Die menschliche Nähe geht verloren. Wenn wir Menschen ohne Handschuhe berühren, wenden wir uns Ihnen ganz zu und bauen schneller Vertrauen auf“, so Brandes.
Die Basis des hygienischen Arbeitens, mit oder ohne Handschuhen, ist jedoch grundsätzlich die richtige Händedesinfektion. Auch hier schult das Team. „Nur bei einer richtig durchgeführten Händedesinfektion lässt sich eine Erregerübertragung vermeiden“, betont Brandes. Auch den Mythos, Händedesinfektionsmittel schädige die Haut, widerlegt sie. „Wir verwenden ein Mittel mit Rückfetter, der die Haut nachhaltig pflegt.“
Doch natürlich gibt es auch Situationen, in denen Handschuhe notwendig sind, z. B. zum Schutz des Mitarbeitenden vor Kontamination mit Blut, Sekreten und Exkreten oder bei Verwendung von Flächendesinfektionsmitteln.
Durch die intensiven Schulungen hat das Team bereits deutliche Erfolge erzielt, denn der Verbrauch pro Patiententag ist von 2022 bis 2023 um ganze 10 % gesunken. Nimmt man den Vergleich mit 2021, sind es sogar 23 % weniger. „Das macht sich auch in der Abfallreduzierung bemerkbar“, freut sich Brandes.
Privat ist die 39-Jährige ebenfalls nachhaltig unterwegs. Mit ihrer Familie lebt sie in einem Bauernhaus, welches sie energetisch saniert hat. Außerdem erzeugt sie ihren Strom selbst mit der eigenen Photovoltaikanalage. „Da wir bei dem Anbieter sogar einen virtuellen Cloud-Speicher haben, können wir auch im Winter auf unseren Strom zurückgreifen, d.h. wir leben hier komplett unabhängig von anderen Stromquellen“, so Brandes. Außerdem verbindet sie auch Sport mit Umweltbewusstsein, denn den Arbeitsweg von täglich insgesamt 34 km legt sie konsequent bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad zurück.