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Neues Nüchternheitskonzept: Trinken bis zur OP

Bisher waren Patientinnen und Patienten dazu angehalten, ab sechs Stunden vor einer OP nichts mehr zu essen und ab zwei Stunden vorher nichts mehr zu trinken. Diese Maßnahme belastete insbesondere ältere Menschen, bei denen Durst, Trockenheit im Mund und Kreislaufbeschwerden das allgemeine Befinden vor der OP verschlechterten. Nach einer erfolgreichen Pilotphase setzt die Helios Bördeklinik auf ein neues Nüchternheitskonzept: Patientinnen und Patienten dürfen nun bis zum Transport in den Operationssaal Wasser, Tee, klare Säfte oder Kaffee ohne Milch trinken. Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin Dr. med. Raphael Gukasjan erläutert.

16. Juli 2024
Nuechternheitskonzept

In der Praxis zeigte sich, dass viele Patientinnen und Patienten an ihrem OP-Tag vorsichtshalber schon ab Mitternacht nichts mehr tranken – unabhängig davon, wann der genaue Operationstermin war. Sie blieben dadurch durchschnittlich sechs bis zehn Stunden vor dem eigentlichen Eingriff nüchtern. 

Helios Bördeklinik

Chefarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin

Ein solches Verhalten kann gerade bei älteren und vorerkrankten Menschen zu einem instabilen Kreislauf oder einer Dehydration führen. Untersuchungen* zeigen, dass es sogar zu einer Erhöhung der gesundheitlichen Risiken nach operativen Eingriffen kommen kann, wenn die Patientinnen und Patienten im Vorfeld zu lange auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr verzichten.

Auf Basis dieser Erkenntnisse führte das Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin als erste Klinik der Helios-Gruppe ein Ampelsystem mit grünen, gelben und roten Nüchternheitskarten ein, bei der die Patientinnen und Patienten je nach medizinischer Historie in drei individuelle Nüchternheitsstufen eingeteilt werden. Patient:innen ohne wesentliche Vorerkrankungen oder operative Besonderheiten erhalten eine grüne Karte. Sie dürfen bis zum Abruf in den OP alle klaren Flüssigkeiten sowie Tee und Kaffee, auf Wunsch auch mit Zucker, Honig oder wenig Milch trinken. Einige Patient:innen, zum Beispiel mit bestimmten Vorerkrankungen, erhalten eine gelbe Nüchternheitskarte – auf dieser werden Zeiten und Nahrungsmittel individuell festgelegt. Nur in seltenen Fällen wird die dritte Stufe vergeben, bei der ab Befundstellung keine Aufnahme von Flüssigkeit oder Nahrung mehr möglich ist.

Helios Bördeklinik

Oberärztin

Gerade für Patientinnen und Patienten unter einer medikamentösen Herzinsuffizienztherapie ist das Trinken vor der OP enorm wichtig. Das gesamte Team achtet darauf, dass besonders diese Patientinnen und Patienten ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, um eine stabile Ausgangssituation für die geplante Operation zu schaffen. 

Schriftliche Erlaubnis

Die Patientinnen und Patienten werden im Aufklärungsgespräch gezielt darauf hingewiesen, dass sie bis unmittelbar vor der Operation trinken dürfen und ja gar sollen. „Die Nüchternheitskarten haben den Vorteil, dass nicht nur die Patienten informiert sind, sondern auch die Pflege auf den Stationen und die Angehörigen zu Hause“, beschreibt Dr. med. Raphael Gukasjan, Chefarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin in Neindorf. „Häufig wird die Aussage, dass Trinken bis zur Fahrt in den OP-Saal erlaubt ist, vom familiären Umfeld der Patienten nicht geglaubt. Die Karte bestätigt die Erlaubnis zum Trinken nun schriftlich.“

Premiere in der Region

Das neue Nüchternheitskonzept ist in der Helios Bördeklinik nun im Einsatz und hat sich seither bewährt. Auch im restlichen Cluster Magdeburg mit seinen Helios-Häusern in Burg, Vogelsang-Gommern und Zerbst setzt man erfolgreich auf das Trinken bis zur Operation. Damit sind die vier Kliniken Vorreiter in der Region.