Der erste Schock im Januar 2020 war das kalte Wetter. Mit grauem Himmel und Temperaturen um die 0 Grad zeigte sich Schwerin nicht von seiner schönsten Seite. „Das war aber gar nicht so schlimm“, relativiert Teresa Fernanda Ramirez Ambriz. „Nach der Ankunft mussten wir uns eh relativ schnell ins Lernen stürzen.“ Denn um als examinierte Pflegekräfte arbeiten zu können, müssen die Mexikanerinnen und Mexikaner zunächst ihre Deutschkenntnisse verbessern und eine Kenntnisstandprüfung ablegen. Das bedeutete 180 Stunden an theoretischem Unterricht zum Thema Pflege, Recht, Medizin und Kommunikation plus eine praktische Ausbildung an der Seite von Praxisanleitern direkt auf den Stationen. Ende November 2020 bestanden die ersten acht mexikanischen Pflegekräfte ihre Anerkennungsprüfung.
Für das Kennenlernen der Stadt standen ihnen eigentlich Paten aus dem Haus zur Seite. Der Austausch untereinander funktionierte sehr gut, allerdings nur, bis die ersten Corona-Einschränkungen kamen. Ab dann sah man sich meistens nur noch digital. „In einem fremden Land ist so eine Situation natürlich sehr bedrückend“, erinnert sich José Carillo Ibarra. „Aber wir wurden von den Integrationsmanagerinnen und den Paten weiterhin gut betreut, so dass nur selten Heimweh aufkam.“
Mit den neuen Kolleginnen und Kollegen gab es von Anfang an nur wenig Berührungsängste. Ambriz und Ibarra wollten beide nach der bestandenen Prüfung in der Notaufnahme arbeiten, weil es Ihnen dort so gut gefallen hatte. Das beruhte für die pflegerische Leitung Agnes Buntfuß auf Gegenseitigkeit. „Wir sind total zufrieden mit den neuen Kolleginnen und Kollegen. Ich kann absolut nicht klagen.“ Bei kleineren Problemen mit der Sprache helfen sich alle gegenseitig. Und auch Kevin Rivera Santos, der mittlerweile ebenfalls in der Notaufnahme arbeitet, hat nur Lob übrig. „Alle kümmern sich sehr gut um uns. Wir haben immer einen Ansprechpartner, wenn wir Hilfe brauchen.“ Bei den Patienten kommen die freundlichen und kompetenten Pflegekräfte ebenfalls gut an, erzählt Buntfuß.
In Schwerin selbst fühlt Kevin Santos sich – genau wie die anderen beiden – sehr wohl. Die Stadt selbst ist im Vergleich mit Mexiko-Stadt, wo Santos vorher gearbeitet hat, viel ruhiger. In der Metropole mit knapp 9 Millionen Einwohnern lief es im Krankenhaus hektischer ab, erinnert er sich. „Aber dort waren die Arbeitsplätze auch rarer gesät.“ Als er von der Möglichkeit hörte, nach Deutschland zu kommen, war er sofort interessiert. Für Teresa Ambriz war der ausschlaggebende Grund, dass sie neben dem mexikanischen noch ein weiteres Gesundheitssystem kennenlernen wollte. José Ibarra wurde an der Universität- in Mexiko ist die Pflege ein Studienberuf – auf die Suche nach Pflegekräften in Deutschland aufmerksam und fand den Ländertausch direkt spannend.
Als größte Unterschiede zur Arbeit in der Heimat nennen alle Drei, dass sich einige Medikamente und Materialien unterscheiden würden. Auch in den Therapien gebe es kleinere Unterschiede. „Ansonsten kümmern wir uns weiter um Menschen.“