Patienten, die aufgrund eines Organversagens auf eine Transplantation angewiesen sind, werden von ihrem behandelnden Arzt bei einem Transplantationszentrum angemeldet. Die Vermittlung der Organe erfolgt dann durch die Organisation Eurotransplant. In dieser ist Deutschland mit sieben weiteren europäischen Staaten organisiert. Grundlage bei der Verteilung sind immer medizinische und ethische Gesichtspunkte. „Diese internationale Zusammenarbeit über eine zentrale Warteliste ermöglicht es, dass fast jedes Spenderorgan einem geeigneten Empfänger zugeordnet werden kann und somit im besten Fall ein Leben rettet“, weiß die Intensivmedizinerin.
In Deutschland werden Organe nur entnommen, wenn der Hirntod des Menschen festgestellt wurde und der ausdrückliche Wunsch des Verstorbenen oder die Zustimmung der Angehörigen vorliegt. Als hirntot werden in der Medizin Patienten nach dem vollständigen und unumkehrbaren Ausfall aller Hirnfunktionen aller Bestandteile von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm bezeichnet.
„Manche Menschen haben Angst, dass sie aufgrund ihrer Bereitschaft zur Organspende zu früh für tot erklärt werden“, so Dr. Protzel-Scheer. Diese Angst sei jedoch unbegründet. Mit der Feststellung des Hirntodes ist der absolut sichere Tod eines Menschen eingetreten. Zwei Fachärzte mit langjähriger intensivmedizinischer Erfahrung in der Behandlung von akuten schweren Hirnschädigungen – einer davon Neurologe oder Neurochirurg – müssen unabhängig voneinander den Hirntod eines Patienten feststellen. Dabei folgen sie strengstens den speziellen Richtlinien der Bundesärztekammer, die keinerlei Spielraum zulassen. Auch dürfen die den Hirntod feststellenden Ärzte weder an der Entnahme noch der Übertragung eines Spenderorgans beteiligt sein- Außerdem unterstehen sie niemals der Weisung eines Arztes, der an der Entnahme oder Übertragung beteiligt ist.
Andere Menschen hätten mitunter Bedenken, dass sie im Notfall nicht ausreichend behandelt würden, wenn sie einen Organspende-Ausweis besäßen. Die Chefärztin erklärt: „Ich kann Ihnen versichern, dass bei jedem Patienten die Behandlung grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, die Gesundheit vollständig oder bestmöglich wiederherzustellen. Erst wenn wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben und keine Hoffnung mehr besteht, ermitteln wir den Willen des Patienten.“
In vielen Fällen haben Verstorbene ihren Willen jedoch nicht ausdrücklich formuliert. Dann müssen ihre Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen oder ihren eigenen Wertvorstellungen entscheiden. Das kann für die Hinterbliebenen oft eine sehr schwierige Entscheidung in einer ohnehin emotional belastenden Phase sein. Deshalb plädiert Dr. Protzel-Scheer dafür, dass sich jeder Mensch die Zeit nimmt, sich umfassend zu informieren und den eigenen Willen schriftlich festzuhalten. „Diese Willensbekundung kann in Form eines Organspende-Ausweises oder einer Patientenverfügung formuliert werden.“
Neben der uneingeschränkten Einwilligung in eine Organ- und Gewebespende besteht auch die Möglichkeit, bestimmte Organe oder Gewebe von einer Spende auszuschließen. Oder es wird nur der Entnahme bestimmter Organe oder Gewebe zugestimmt. Ebenso kann jeder Mensch einer Organ- und Gewebeentnahme auch grundsätzlich widersprechen. Die Entscheidung kann jederzeit widerrufen und geändert werden.
Der „Tag der Organspende“ findet seit 1983 jedes Jahr am ersten Samstag im Juni statt.