Viele Patientinnen und Patienten trinken am Tag vor ihrer Operation aus Vorsicht bereits ab Mitternacht nicht mehr– unabhängig vom genauen Zeitpunkt des Eingriffs. Dadurch bleiben sie im Durchschnitt sechs bis zehn Stunden nüchtern, bevor die Operation tatsächlich beginnt.
Dr. Lutz Moikow, kommissarischer Chefarzt der Anästhesie in den Helios Kliniken Schwerin: „Dieses Verhalten kann insbesondere bei älteren Menschen zu Kreislaufproblemen oder Dehydration führen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Risiko für postoperative Komplikationen sogar ansteigt, wenn Patientinnen und Patienten vor dem Eingriff zu lange keine ausreichende Flüssigkeitszufuhr erhalten.“
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse startet in den Helios Kliniken Schwerin ab dem 1. Oktober die Pilotphase eines neuen Nüchternheitskonzepts. Dabei wird, wie bereits in anderen Helios-Kliniken erprobt, ein Ampelsystem mit Nüchternheitskarten eingeführt. Die Patientinnen und Patienten werden je nach medizinischer Vorgeschichte in drei Stufen eingeteilt: Grün, Gelb oder Rot. Wer keine relevanten Vorerkrankungen hat, erhält eine grüne Karte und darf bis kurz vor der Operation klare Flüssigkeiten, wie Wasser, Tee oder Kaffee trinken – auf Wunsch auch mit etwas Zucker, Honig oder wenig Milch. Für Patientinnen und Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen wird eine gelbe Karte ausgegeben, auf der individuelle Trinkzeiten und erlaubte Nahrungsmittel festgelegt sind. Nur in seltenen Fällen wird die rote Karte vergeben, bei der ab der Diagnosestellung keine Flüssigkeits- oder Nahrungsaufnahme mehr erlaubt ist.
Lena Fröhlke, Oberärztin in der Anästhesie: „Das Trinken bis unmittelbar vor der Operation hat viele Vorteile: Es verringert das Risiko von postoperativen Komplikationen wie die Entstehung eines Delirs, ebenso sinkt das Risiko für Komplikationen des Herz-Kreislauf-Systems. Auch das Wohlbefinden der Patienten steigt durch ein verringertes Durstgefühl; die gewohnten Tagesabläufe am Morgen werden weniger beeinträchtigt.“
Die Erlaubnis zum Trinken wird im Aufklärungsgespräch ausdrücklich betont, um Missverständnisse bei Patienten, Angehörigen und Pflegepersonal zu vermeiden.