Dr. Stuppe kam als Oberarzt aus Bielefeld, Dr. Haase war zuletzt als Oberarzt in Kiel tätig. Beide starteten mit unterschiedlichen Voraussetzungen in ihren Teams. „Wir trafen auf alte Strukturen, auf ein, so haben wir das schon immer gemacht-Denken´“, erzählt Dr. Haase. In seiner Klinik konnte er allerdings schnell mit neuen Methoden und einem Teamgedanken statt autoritärer Führung überzeugen. „In der Suchtklinik war war das zunächst nicht so einfach,“ so Dr. Stuppe. „Es gab damals große Vorbehalte gegenüber Änderungen, vieles wurde misstrauisch betrachtet.“ Schlussendlich konnte aber auch er das Team von den Neuerungen überzeugen. Eine große Veränderung, die beide in ihren Teams integrierten: Es gab im Verlauf der Jahre weitgehend keine Kittel mehr für Ärzte und Psychologen, auch die Pflegekräfte tragen heute nur noch in wenigen Fällen einen Kasack. Für die Patienten sollte die sichtbare Kluft zu den Therapeuten verringert werden, um mehr Vertrauen zu erlangen. Mit einem Team, in dem jeder eine wichtige Rolle übernimmt, lässt es sich leichter als mit autoritärer Führung arbeiten, sind beide überzeugt. „Ich kann jedem Mitarbeiter vertrauen, dass er oder sie das Beste für den Patienten möchte“, erklärt Dr. Stuppe. „Das muss nicht immer der Weg sein, den ich gehen würde, aber viele Wege führen zum Ziel.“ Beide betonen die großen Freiheiten in der Gestaltung ihrer Fachbereiche, die sie damals hatten. Das habe sehr geholfen und sei heute leider manchmal nicht mehr so einfach möglich.
Die neuen Therapien passten sich auch dem immer größer werdenden Spektrum an Erkrankungen an. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie war vor 20 Jahren ADHS auf dem Vormarsch. „Heute ist es selbstverletzendes Verhalten, was uns die größten Sorgen macht“, so Dr. Haase. Auch die Bedürfnisse der Patienten sind andere geworden. „Wir achten darauf, dass wir respektvoll mit allen umgehen und müssen natürlich auch mit dem Zeitgeist gehen, was die Kinder und Jugendlichen heute in ihrer Selbstverwirklichung machen.“ In der Suchtklinik beobachtet Dr. Stuppe ein immer größer werdendes Behandlungsfeld, das mit den Suchterkrankungen einhergeht. „Borderline-Patienten oder Patienten mit verschiedenen Traumata waren früher ein Ausschlusskriterium. Wer dadurch in die Sucht gerutscht ist oder gleichzeitig mit mehreren psychischen Erkrankungen zu kämpfen hatte, hatte früher einfach Pech gehabt. Heute sehen wir, dass die Behandlung natürlich nur funktioniert, wenn wir alles mit einbeziehen.“ Beide setzen in den Behandlungsansätzen verstärkt auf die Psychotherapie. Das Ziel der Psychotherapie ist u.a.. das seelische Wohlbefinden zu stärken und Wege zu finden, um mit schwierigen Lebenssituationen besser umgehen zu können. Dabei setzen die Therapeuten in den Teams zum Beispiel auf kognitive Therapien, auf Selbstmanagement und Problemlösungstraining, in der Gruppe oder in Einzeltherapie.
Als großen Meilenstein sehen beide die Einführung von Tageskliniken in ihren Bereichen. „Die Patienten kommen zur Behandlung zu uns, erhalten ihre Therapien und sind abends wieder zuhause“, erklärt Dr. Stuppe das Konzept. „Dadurch können wir auch Menschen erreichen, bei denen ein stationärer Aufenthalt nicht nötig oder nicht möglich ist“, ergänzt Dr. Haase.
Fragt man beide Chefärzte danach, ob sie den gleichen Weg noch einmal gehen würden, sind sie sich einig „Als Arzt ist die Sinnfrage von dem, was man macht, einfach zu beantworten.“ Egal, ob direkt am Patienten oder in der Führung – Menschen am Rand der Gesellschaft zu helfen, bleibt für Dr. Stuppe und Dr. Haase Motivation genug.