Warum muss die Trikuspidalklappe überhaupt ersetzt werden?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: In aller Regel muss die Herzklappe ersetzt werden, weil sie nicht mehr richtig schließt. Interessanterweise ist diese Undichtigkeit oft die Folge einer Vergrößerung des rechten Herzens und entsteht nur sehr selten durch einen direkten Schaden an der Herzklappe. Man kann in solchen Fällen die Patientinnen und Patienten oft über Jahre hinweg sehr wirksam mit Medikamenten behandeln. Ein Ersatz oder eine interventionelle Behandlung der Klappe wird in aller Regel erst in einem späten Stadium vorgeschlagen, wenn die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreicht und die Patienten dann oft wieder und wieder im Krankenhaus stationär aufgenommen werden müssen.
Für welche Patient:innen eignet sich die interventionelle Methode?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: Das interventionelle Vorgehen ist ein sehr schonendes Verfahren, das vor allen Dingen für hoch symptomatische Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen Lebensalter und mit relevanten Nebenerkrankungen infrage kommt.
Warum wurden diese Klappen bislang nicht interventionell ersetzt?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: Wir haben seit Jahren die Möglichkeit, die Segel der Trikuspidalklappe mit einer Klammer über einen Katheter zu reparieren. Diese Klammern lassen sich dabei millimetergenau steuern. Das Ergebnis können wir dabei mit einem Ultraschall direkt steuern und beurteilen. Der Patient schläft dabei. Dies ist ein sehr schonendes und sehr sicheres Verfahren. Tatsächlich gibt es aber auch Fälle, die bislang nicht behandelt werden konnten und diesen Patienten können wir jetzt mit dem interventionellen Trikuspidalklappenersatz eine neue Behandlungsmöglichkeit anbieten.
Warum sollte ich den Eingriff im Herzzentrum Siegburg durchführen lassen? Was zeichnet das Zentrum aus?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: Während in den USA das interventionelle „Klammer“-Verfahren erst im Februar 2024 zugelassen wurde, haben wir bei uns am Herzzentrum in Siegburg mit einem sehr spezialisierten Oberarztteam seit vielen Jahren eine ausgewiesene Expertise als Exzellenzzentrum, an dem auch regelhaft Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland ausgebildet werden.
Wie laufen die Eingriffe genau ab?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: Alle Eingriffe finden in einem sogenannten Hybrid-OP statt. Die Kolleginnen und Kollegen der Kardioanästhesie leiten eine Narkose ein, der Patient schläft also während der gesamten Prozedur.
Das „Klammer-Verfahren“ dauert in der Regel etwa 1,5 Stunden. Begleitet wird der Eingriff durch ein modernes Ultraschallgerät, durch das die Klammern millimetergenau von der Vene in der Leiste bis an die Herzklappe gesteuert werden. Man hat während der Prozedur auch die Möglichkeit, einen Clip anders zu positionieren, einen weitere Klammer einzubringen oder auch eine Klammer wieder zu entfernen bis das Ergebnis für den Patienten optimal ist.
Sollte aus anatomischen Gründen solch ein Klammer-Verfahren nicht infrage kommen, haben wir jetzt die Möglichkeit, die Herzklappe durch einen Katheter vollständig zu ersetzen. Das Verfahren ist für die Patienten vom Ablauf sehr ähnlich wie die Klammer-Variante. Der Eingriff dauert ebenfalls etwa 1,5 Stunden. Die neue Herzklappe wird millimetergenau über den Katheter in die alte Herzklappe verankert. Die alte Klappe wird dabei beiseitegeschoben und wächst dort ein. Aufgrund der Größe der Klappe muss dann allerdings das Blut des Patienten verdünnt werden, um ein sicheres und gutes Einwachsen der Herzklappe zu gewährleisten.
Wie sieht die Nachsorge aus?
Prof. Dr. Marc Vorpahl: Die Studien und auch unsere Erfahrung zeigen, dass sich die Beschwerden bei fast allen Patientinnen und Patienten nach einer solchen Behandlung deutlich bessern. Wir wollen dies aber natürlich genau wissen. Deshalb kommen die Patienten drei Monate nach dem Eingriff zu einem Gespräch und einer Untersuchung noch einmal zu uns. Man darf aber nicht vergessen, dass der Eingriff nur die Behandlung der Herzklappe zum Ziel hat und oft andere Erkrankungen wie etwa der Lunge noch weiterbestehen. Nichtsdestotrotz ist der Eingriff häufig für den Patienten der wesentliche Baustein.