Die Versorgung von akut eingelieferten Patienten mit Demenz ist eine besondere Herausforderung. Angehörige und Klinikmitarbeiter können den Krankenhausaufenthalt für Demenzpatienten erleichtern.
Ein Patient mit Demenz wird im Krankenhaus aufgenommen. Warum die Frau von Hermann S. den Rettungsdienst alarmierte:
Heute Nacht war es wieder soweit: Hermann S. quälte sich schon seit Stunden im Bett und fand keinen Schlaf. Seine Ehefrau Elisabeth S. versuchte mit Hausmitteln ihrem an einer mittelgradigen Demenz leidenden Mann zu einer ungestörten Nachtruhe zu verhelfen und damit auch sich selbst. Doch es war vergebens. Neben der Unruhe hielt sich ihr Mann den Bauch, fing an zu schwitzen und rief laut um Hilfe, obwohl sie neben ihm lag und versuchte ihn zu beruhigen.
Aus Verzweiflung rief sie um 2:45 Uhr den Rettungsdienst. Drei freundliche aber bestimmt auftretende Herren und Damen sahen sich kurz Hermann S. an, untersuchten ihn und informierten die Ehefrau, dass eine Klinikeinweisung wegen der unklaren Bauchbeschwerden nötig sei. Sie möge eine kleine Tasche mit persönlichen Dingen und wenn vorhanden eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung mitgeben.
Gegen 5:20 Uhr kam der Anruf an Elisabeth S. aus der Klinik, dass ihr Mann in der Abteilung für Innere Medizin aufgenommen werden soll aber nicht verstehe, was mit ihm nun geschehe und sie bitte in die Klinik kommen möge.
DIESE SITUATION IST KEIN EINZELFALL
Mehr als 8 Millionen ältere Menschen werden jährlich in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt. Sie kommen mit Knochenbrüchen, Lungenentzündungen, Harnwegsinfekten oder einer Herzschwäche in ein Krankenhaus und bedürfen oft viel mehr als der üblichen Behandlung, denn fast jeder fünfte Patient über 65 Jahre leidet auch an einer Demenz.
Insgesamt weisen mehr als 40% aller über 65-jährigen Patienten in Allgemeinkrankenhäusern Gedächtnisbeeinträchtigungen auf, wie eine der wenigen Studien zu diesem Thema aus Deutschland berichtet. Derzeit leben in Deutschland etwa 1,7 Millionen Demenzkranke und jährlich gibt es ca. 300.000 Neuerkrankungen. Daher werden immer mehr Menschen wegen allgemeiner Gesundheitsprobleme im Krankenhaus behandelt, die auch zusätzlich an einer Form von Gedächtnis- und Denkstörung leiden.
Begleiterkrankungen der Demenz, Unfälle oder andere Erkrankungen wie sie z.B. bei Hermann S. zu einer stationären medizinischen Überwachung und Behandlung geführt haben, stellen das Personal vor eine zusätzliche Herausforderung. Denn die Problemlagen der Demenzpatienten in einem Akutkrankenhaus sind vielfältig.
Da bei dem komplexen Krankheitsbild Demenz die kognitiven und sozialen Fähigkeiten zu Beginn sehr verschieden verlorengegangen sein können, ist das Identifizieren und Wahrnehmen von einer Demenzerkrankung und die damit verbundene notwendige Hilfestellung und Kommunikation auch für eine professionelle Kraft nicht immer leicht. Zum einen handelt es sich um Patienten, bei denen eine Demenzerkrankung bereits feststeht und zum anderen um Patienten, bei denen eine Demenz bisher eine unerkannte – neue - Begleiterkrankung darstellt.
Ähnliches gilt auch für das Erkennen eines „stummen“ Delirs (vorübergehende Verwirrtheit) und einer Depression, bei denen ähnliche Veränderungen beobachtet werden können. Deshalb kann die Versorgung nicht nur durch eine Maßnahme allein gesichert werden. Es gibt einige wenige dokumentierte Überlegungen dazu, wie eine wirksame und patientenorientierte medizinische und pflegerische Versorgung Demenzkranker im Krankenhaus künftig gestaltet sein sollte.
QUALIFIZIERUNG DES PERSONALS
Mitarbeiter/-innen können sich so auf die Behandlung und Pflege demenzkranker Menschen einstellen, was einerseits den betroffenen Menschen wirksamer hilft und andererseits die Belastungen der einzelnen Mitarbeiter/-innen nicht noch verstärkt.
ANPASSUNG DER VERSORGUNG AN DIE INDIVIDUELLEN BEDÜRFNISSE
Behandlungsprozesse, wie die Vorbereitung, Durchführung und die Nachbehandlung von Operationen und anderen aufwendigen Untersuchungen werden im Wissen um die Besonderheiten dieser Patientengruppe frühzeitig geplant.
Die Hilfestellung beinhaltet die zeitnahe Vorlage aussagekräftiger Überleitungsbögen von Pflegediensten und von hausärztlichen wie auch fachärztlichen Behandlungsunterlagen. Orientierungsgebende Maßnahmen, wie klare Farbgebung im Krankenhaus, Tagesstrukturierung durch Uhren und Kalender sowie abgestimmte räumliche Zuordnungen verhelfen zusätzlich die neue Situation für Demenzpatienten zu bewältigen.
ENTLASSUNGSPLANUNG
Bereits bei der Aufnahme ist die Planung der Entlassung vorausschauend gemeinsam zwischen Angehörigen, den behandelnden Ärzten und dem Sozialdienst des Hauses abzustimmen. Dies betrifft z.B. auch notwendige Hilfsmittel oder zusätzliche vorübergehende oder auch dauerhafte Unterstützung nach dem Krankenhausaufenthalt.
EINBINDUNG DER ANGEHÖRIGEN
Die Patientenverfügung und eine aussagekräftige Vorsorgevollmacht durch die im Eingangsbeispiel genannten Sanitäter zeitnah vorzuhalten ist auch ohne einen Krankenhausaufenthalt, bereits vor der Entwicklung einer Demenzerkrankung, sinnvoll. So können mögliche juristische Fragen vorab geklärt sein. Bei Besonderheiten der Behandlung können auch im begrenzten Maß Lebenspartner als Begleitung im Sinne eines Rooming-In im Krankenhaus unterstützend zur Seite stehen.
Gemeinsames Ziel der Behandlung von Patienten mit dementieller Entwicklung im Krankenhaus sollte sein, die erforderliche unterstützende Hilfe durch Vermeidung von unnötigen Informationslücken -sogenannten „Brüchen“ – in der Versorgung durch Angehörige, Pflegedienste und behandelnden Ärzten zeitnah zu erkennen, unterstützende Maßnahmen zu planen und damit die psychische und physische Belastung so gering wie möglich zu halten.