Mehr als drei Tage war der Schwerlasttransporter von Großbritannien nach Stralsund unterwegs. Auf der Ladefläche: ein mobiles Herzkatheterlabor. Ein riesiger Kran hebt den 15x4 Meter großen und tonnenschweren Container über die Mauer des Krankenhauses am Sund. Millimeterarbeit ist gefragt. Was nach einem fast gewöhnlichen Container aussieht, ist vollgepackt mit Medizintechnik, die Patient:innen mit Herzerkrankungen das Leben retten kann. „Wir werden hier vor allem Betroffene von Herzrhythmusstörungen behandeln“, erklärt Kardiologie-Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Mathias Busch. Vorhofflimmern wird hier die am häufigsten behandelte Erkrankung sein. Etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. „Die Erkrankung kann lebensbedrohlich sein, denn das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden oder eine Herzschwäche zu entwickeln, ist stark erhöht“, macht der Chefarzt deutlich.
Um dem großen Behandlungsbedarf gerecht zu werden, schafft das Klinikum mit dem mobilen Katheterlabor eine rasche, aber auch kostenintensive Interimslösung. Immerhin 600.000 Euro würden dafür veranschlagt, macht Klinikgeschäftsführer David Kayser deutlich: „Parallel bauen wir zu dem bereits bestehenden ein zweites Katheterlabor im Bestand. Es entsteht ebenfalls im Funktionstrakt im Klinikum am Sund.“ Schon Ende März 2024 sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen sein. Dann wird auch der Container zurückgebaut. Die Kosten für den Bau im Bestand belaufen sich auf 1 Mio. Euro. „Wir wollen ein wichtiges Leistungsmerkmal der Kardiologie im Sinne der Betroffenen zügig ans Netz bringen. Es gibt in Vorpommern nur wenige Kliniken, die dieses kardiologische Spektrum abdecken. Mit unserem erfahrenen Kardiologen-Team um Dr. Busch können wir schnell helfen – ohne weite Wege in Kauf nehmen zu müssen“, erklärt Kayser.
Langjährige Erfahrung bei Behandlung von Vorhofflimmern
Die Kardiologen setzen eine spezielle Methode ein, um Vorhofflimmern zu behandeln. Die Ärzt:innen sind besonders in der Elektrophysiologie ausgebildet und haben in Stralsund schon die ersten Patient:innen mit der Vorhofflimmernablation und Pulmonalvenenisolation (PVI) behandelt. Studien belegen, dass die Vorhofflimmernablation einer medikamentösen Therapie überlegen sei. Sie sei effektiver, sicher und erziele bessere Ergebnisse, erklärt der Chefarzt. Doch die bisherigen Kapazitäten reichen nicht aus. „Um die gesamte Bandbreite an Herzleiden abzudecken, ist ein zweiter Kathetermessplatz notwendig geworden. Damit reduzieren wir die Wartezeiten auf einen Termin spürbar.“
Auch eine weitere Ausweitung des Behandlungsspektrums wird durch die Kapazitätserweiterung möglich. Durch die Ausstattung des Katheterlabors mit modernster Medizintechnik werden künftig komplexe Ablationsbehandlungen bei komplizierten Herzrhythmusstörungen möglich werden. „Außerdem können wir für viele sogenannte strukturelle Herzerkrankungen, also beispielsweise Herzklappenfehler, Behandlungsmöglichkeiten bieten, die es in den vergangenen Jahren in Stralsund nicht gegeben hat, und damit einen entscheidenden Mehrwert für die Versorgung der Region leisten“, erklärt der Kardiologie-Chefarzt, der im März dieses Jahres mit seinem eingespielten Team nach Stralsund kam. Bereits an vorheriger Stelle, im Universitätsklinikum Greifswald, haben sie nicht nur die Rhythmologie aufgebaut, sondern auch Verfahren zur Behandlung von Herzklappenfehlern etabliert und jahrelange Erfahrung gesammelt.
In dem Container planen die Kardiolog:innen künftig mehrere Patient:innen täglich mit den neuen Verfahren zu behandeln. Mit den vorherigen Kapazitäten waren lediglich zwei bis drei Behandlungen pro Woche möglich.