Die Klinik für Anästhesiologie besetzt den Lehrstuhl Anästhesie I der Universität Witten-Herdecke. Im Verlauf des 8. bzw. 9 Semester durchlaufen die Studierenden ein 2-wöchiges Anästhesiepraktikum (Kernblock II).
Als Vorbereitung auf diesen Anästhesie-Block wird in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Köln-Merheim der „Anästhesie-Tag“ an der Universität Witten/Herdecke abgehalten. Dieser vermittelt die Grundlagen für das Blockpraktikum.
Während des Praktikums sind die Studierenden in der Klinik für Anästhesiologie aktiv. Sie nehmen an unserer Frühbesprechung teil und werden anschließend mit einem betreuenden Anästhesisten in die entsprechenden OP-Bereiche eingewiesen und eingesetzt. Es ergibt sich hieraus ein direktes Bedside Teaching und Eins-zu-eins-Betreuung. Darüber hinaus werden Sie auf den Intensivstation eingeteilt.
Darüber hinaus steht auch unsere Präsenzbibliothek zum Selbststudium offen.
Es findet jeden Tag ein ca. zweistündiges Lehrseminar statt. In diesem werden die geübten praktischen Anwendungen durch die entsprechenden theoretischen Inhalte ergänzt. Diese Unterrichtseinheiten und das Bedside Teaching sind auf den von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) empfohlenen Lernzielkatalog abgestimmt. Den Lernzielkatalog finden Sie im Intranet der Universität.
Dieser wird in der Klinik wie folgt umgesetzt: Blockstudenten im 8. Semester betreffen die dunkel unterlegten Lernziele im Seminar (1–8, s. letzte Spalte im Lernzielkatalog) und/oder im OP. Die darüber hinaus angegebenen Kompetenzen können Sie im Rahmen des Praktischen Jahres erwerben.
SEMINARE:
Die anästhesiologischen Seminare finden täglich im Konferenzraum des Zentrums für Anästhesie, Haus 4A, 3.OG, Raum 317 oder in Elberfeld im Besprechungsraum der Herzchirurgie statt.
THEMEN:
Seminar 1 – Maskenbeatmung / Intubation an der Puppe
Seminar 2 – Pharmakologie / Komplikationen
Seminar 3 – Lokalanästhetika; SPA + PDA
Seminar 4 – Regionalanästhesie + praktische Sono-Übung
Seminar 5 – BGA + Anämie
Seminar 6 – Prämedikation / Scores
Seminar 7 – CPR-Algorithmus; Übung an der Puppe
LEHRKONZEPT:
Der „Shift from teaching to learning“ bedeutet einen Paradigmenwechsel von der dozentenzentrierten Wissensvermittlung zur studentenorientierten Erleichterung und Ermöglichung des Lernens (von der Erzeugungs- zur Ermöglichungsdidaktik). Es werden Lernräume gestaltet anstelle von Stoff vermittelt. Nicht zuletzt nähert sich die Situation im Studium so den Lernprozessen an, die im beruflichen Alltag auf Ärzte zukommt und wirkt einer „Verschulung“ des Studiums entgegen.
Weite Teile der studentischen Lehre sind nach diesen Grundlagen strukturiert. Dabei wird ein evidenzbasiertes Modell kooperativen Lernens verfolgt.
Evidenzbasierte Lehre ist die bewusste, explizite und wohlbegründete Anwendung der gegenwärtig besten Evidenz für Entscheidungen darüber, welche Lernerfahrungen für die Studierenden im Studium bereitgestellt werden. Evidence Based Teaching (EBT) bildet damit das Modell eines Lehr- und Lernprozesses, in dem die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die praktischen Erfahrungen und die Bedürfnisse der Lehrenden und Studierenden integriert werden, um bestmögliches Lehren und Lernen zu ermöglichen. Für die Lehrpraxis bedeutet EBT:
zu fragen: was spricht dafür und was dagegen, dieses Fach auf diese Weise zu lehren und zu lernen?
nach den besten verfügbaren Quellen zu suchen, mit denen diese und andere lehr- und lernbezogene Fragen beantwortet werden können
die Ergebnisse kritisch auf ihre Validität und Nützlichkeit zu prüfen
das neu erworbene Wissen in die eigene Lehrpraxis zu integrieren
die Lernergebnisse zu evaluieren und die Lehrpraxis, sofern erforderlich, entsprechend zu verändern.
In den vorliegenden Übersichtsartikeln und Meta-Analysen zeigt sich, dass die kooperativen Lernmethoden den traditionellen Lehrmethoden im Hinblick auf die Erreichung fachlicher Studienziele zumindest gleichwertig, im Hinblick auf die Erreichung überfachlicher Studienziele jedoch signifikant überlegen sind (Johnson & Johnson; Springer et al., Tan). Als Lehrende sehen wir uns daher in der Position als Facilitator („from sage on the stage to guide on the side“), in der wir den Studenten Rahmenbedingungen schaffen können, unter denen Tiefenlernen und soziales Lernen möglich werden.
Folgende Ziele werden durch die angewandten Lehrformen angestrebt:
AKTIVES SELBSTGESTEUERTES PROBLEMBASIERTES LERNEN
Die Betonung des Patientenbezugs und der praktischen Ausbildung am Patienten werden ergänzt durch den Einsatz von fallorientierter Lehre.
KOMPETENZERWERB HANDLUNGSKOMPETENZ
Kompetenzen sind mehr als nur Wissen oder Fertigkeiten, mehr als Qualifikationen oder erlerntes Wissen. Sie sind das, was uns dazu bewegt, in einer neuen (unbekannten) Situation auf bestimmte Weise aktiv zu werden (Metakompetenzen oder Handlungskompetenzen), was uns dazu befähigt, zu guten Lösungen von neuen Problemen in fachlichen Kontexten (Fachkompetenzen) oder in sozialen Kontexten (soziale Kompetenzen) zu kommen oder bei der erfolgreichen Kombination von Methodenwissen und Handlungsstrategien (Methodenkompetenz) zur Lösung von fachübergreifenden Problemen zu gelangen. Kompetenzen sind Kombinationen aus Merkmalen der kognitiven Leistungsfähigkeit, spezifischen Wissensbausteinen, domänenspezifischen Handlungs- und Problemlösestrategien, motivationalen Tendenzen, volitionalen Kontrollinstanzen – also derjenigen Mechanismen, die für die Aufrechterhaltung einer Handlung sorgen – persönlichen Werten und sozialen Verhaltensweisen, die Menschen dazu befähigen, die Anforderungen bestimmter Rollen, Situationen oder Aufgaben zu erfüllen.
Die Lehre in Anästhesie wurde auf den Erwerb dieser Kompetenzen ausgerichtet. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit lassen sich Basiswissen und grundlegende Handlungsstrategien aufzeigen, Möglichkeiten der Problem-Strukturierung und Entwicklung von Lösungsstrategien stellen einen essentiellen Bestandteil des Unterrichts dar.
Literatur:
Johnson, D.W., & Johnson H. (1991). Learning together and alone: Cooperation, competition, and individualization (3rd ed.). Engkwood Cliffs, NJ: Prentice Hall.
Johnson, D.W., Johnson, R.T., and Stanne, M.E. (2000). Cooperative Learning Methods: A Meta-Analysis. Cooperative Learning Center website (www.clcrc.com).
Johnson, D. W., & Johnson, R. T. (2002). Cooperative learning methods: A meta-analysis. Journal of Research in Education, 12(1), 5-24.
Springer, L., Stanne, M.E., and Donovan, S. (1999). Measuring the success of small-group learning in college level SMET teaching: a meta-analysis. Review of Educational Research 69, 21–51.
Tan, Ai-Girl (2005). A Review of the Effectiveness of Problem-based Learning. The Korean Journal of Thinking & Problem Solving 15(1), 29-46.
Winteler, A. (2005). Professionell lehren und lernen. Ein Praxisbuch. 2., durchgesehene Auflage. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG).
Winteler, A. & Krauß, T. (2005). ProfiLehre – Das Programm zur Professionalisierung der Lehre an den bayerischen Universitäten. In S. Brendel, K. Kaiser & G. Macke (Hrsg.), Modularisierung und Standardisierung hochschuldidaktischer Qualifizierungsprogramme im internationalen Vergleich. Blickpunkt Hochschuldidaktik. Bd. 110 (S. 169-178). Bielefeld: Bertelsmann