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Lungenkrebs: Die unterschätzte Gefahr

Lungenkrebs bleibt eine der häufigsten und tödlichsten Krebsarten weltweit. Jährlich werden in Deutschland etwa 55.000 neue Fälle diagnostiziert. Prof. Dr. med. Kurt Rasche, Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin und Leiter des zertifizierten Lungenkrebszentrums, sowie Priv.-Doz. Dr. med. Christian Biancosino, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal, klären im Interview auf. 

20. Juni 2024
Dr. Biancosino und Prof. Rasche vom Bergischen Lungenzentrum

„Die häufigste Ursache für Krebs in den Industrieländern ist tatsächlich das Einatmen von Tabakrauch“, erklärt Rasche. „Rauchen führt nicht nur zu Lungenkrebs, sondern begünstigt auch viele andere Krebsarten, darunter Krebs der Mundhöhle, des Kehlkopfes, der Speiseröhre und weiterer Organe.“ Obwohl die Schädlichkeit von Tabakrauch allgemein bekannt ist, haben viele Menschen oft kein wirkliches Bewusstsein für die tatsächlichen Gefahren.

„Die traurige Wahrheit ist, dass Raucher ein doppelt so hohes Risiko haben, an Krebs zu sterben,“ betont Dr. Biancosino. Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) sind bei Männern neun von zehn Lungenkrebserkrankungen und bei Frauen mindestens sechs von zehn auf aktives Rauchen zurückzuführen. Zigarettenrauch enthält viele krebserregende Stoffe, wie darunter polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N-Nitrosamine, aromatische Amine, Aldehyde und radioaktive Elemente. Diese verursachen Schäden im Erbgut der Zellen, der sogenannten DNA, die normalerweise repariert werden können. Bei Rauchern sind diese Reparatursysteme jedoch beeinträchtigt, was das Risiko erhöht, dass sich die Zellen bösartig verändern. „Doch Rauchen ist nicht die einzige mögliche Ursache für eine Lungenkrebserkrankung,“ erklären die Mediziner. „Schadstoffbelastungen, Infektionen oder auch vererbbare Faktoren können ebenfalls ursächlich sein,“ so Rasche.

„Bei der Behandlung von Lungenkrebs profitieren unsere Patienten von der engen, interdisziplinären Zusammenarbeit hier im HUKW“, ergänzt Priv.-Doz. Dr. med. Christian Biancosino, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie. „Der Erkrankte erhält das gesamte Know-how aus Lungenheilkunde, Chirurgie, Onkologie, Strahlentherapie, Pathologie, Radiologie und Nuklearmedizin. Der Lungenkrebspatient erfährt einen direkten Mehrwert durch die Arbeit des zertifizierten Zentrums unter einem Dach.

Die Medizin unterscheidet bei Tumoren des Atemorgans zwei Haupttypen: kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Mit einem Anteil von 80 Prozent ist der nicht-kleinzellige Lungenkrebs weitaus häufiger. Zudem eignet er sich besonders gut für zielgerichtete Therapien, die direkt an den Ursprungszellen ansetzen. „Eine frühere Diagnose ist wichtig. Viele Menschen wissen nicht, dass die Heilungschancen bei Lungenkrebs besonders hoch sind, wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt wird“, so Rasche. „Frei nach dem Motto: Steht die Ursache fest, ist auch der Weg zur geeigneten Therapie nicht mehr weit.“

In der Thoraxchirurgie gab es in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte. „Wir können den Großteil der operablen Patienten minimal-invasiv und somit besonders schonend operieren. Durch sehr feine Schnitte und ohne den gesamten Brustkorb zu eröffnen. Dadurch wird der gesamte operative Verlauf nicht nur viel angenehmer, da die Heilungszeit der Wunden kürzer ist. Diese Methode kann auch Patienten mit schweren Begleiterkrankungen und höherem Alter mit hoher Sicherheit angeboten werden“, erklärt Biancosino ausführlich.

Wo sehen die beiden Experten die Zukunft in der Lungenkrebsbehandlung? „In der Präzisionsmedizin,“ sind sich beide einig. „Durch das Verständnis der genetischen und molekularen Grundlagen des Lungenkrebses können wir Therapien noch gezielter individualisieren und einsetzen.“ Prof. Rasche unterstreicht die Bedeutung von kontinuierlicher Forschung. „Reden wir über Lungenkrebs, müssen wir auch über Prävention sprechen,“ führen die beiden Mediziner aus: „Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere für Personen mit einem erhöhten Risiko aufgrund von familiären oder beruflichen Vorbelastungen, tragen dazu bei, Lungenkrebs frühzeitig zu erkennen und die Heilungschancen zu verbessern. Die Förderung eines gesunden Lebensstils, der regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung ohne viel Alkohol und Tabak umfasst, ist ebenfalls von großer Bedeutung, um das Risiko Lungenkrebs zu verringern“.