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Zusammen stark: Immunogenität und Verträglichkeit verschiedener Covid-19-Impfstoffkombinationen

Dr. Michael Dedroogh, Oberarzt der Medizinischen Klinik I am Helios Klinikum Hildesheim hat eine Studie zur Verträglichkeit von COVID-Impfstoffen durchgeführt. Warum das notwendig war und welchen Herausforderungen er sich dabei stellen musste, berichtet er im Interview. 

26. September 2024
HEL-HK-Hildesheim-Michael-Dedroogh-COVID19

Woran haben Sie geforscht?

Wir alle erinnern uns sicher noch an den Beginn der Covid-19-Pandemie, die überfüllten Intensivstationen mit kritisch Erkrankten. Die rasche Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen, darunter auch die neuartigen mRNA-Impfstoffe, lösten einerseits Hoffnung aus, führten andererseits aber auch zu großen Unsicherheiten und Ängsten. Mein Ziel war es, den Ängsten entgegenzutreten, keine Frage unbeantwortet zu lassen und fundierte Antworten auf Basis der damals verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu geben. Was also schien besser, als eine eigene Studie ins Leben zu rufen, eigene Daten zur Impfstoff-Verträglichkeit zu erheben und schützende Antikörper, welche sich infolge der Impfung bilden, zu messen? Die Helios Hildesheim Covid-19 Vaccination Studie „HelCo-Vac war geboren. Im Rahmen der Studie haben wir die Verträglichkeit von gleich vier verschiedenen Impfstoff-Kombinationen von BionTech Pfizer und AstraZeneca untersucht. Außerdem haben wir über einen Zeitraum von 6 Monaten nach der Covid-Grundimpfung sowie unmittelbar vor und bis drei Monate nach der Booster-Impfung mehrfach die schützenden Antikörper im Blut gemessen.

Helios Klinikum Hildesheim

Oberarzt

Mit unserer Studie zur Verträglichkeit von Impfstoffen konnten wir einen Beitrag für die Gestaltung zukünftiger Impfempfehlungen leisten. Ich bin überzeugt von dem Ergebnis und stolz darauf: HelCo-Vac ist dreifach stark!

Was ist das Ergebnis Ihrer Forschung?

Die Studie war erstens der Motor eines intensiven Austausches in Form von zahlreichen Informationsangeboten bis hin zu einer eigens eingerichteten Impf-Sprechstunde. Ich bin mir sicher, das war der Schlüssel zur informierten Entscheidungsfindung für das gesamte Klinikpersonal, was letztlich zu einer sehr hohen Klinik-Impfquote von mehr als 90 Prozent bereits im Frühjahr 2021 führte.

Zweitens sind unsere Studien-Daten valide
1.206 Mitarbeiter:innen haben sich für die Studie - natürlich freiwillig - zur Verfügung gestellt. Aufgrund der hohen Zahl an Teilnehmer:innen ist unser Datenpaket zur Verträglichkeit sehr solide. Wir konnten unter anderem zeigen, dass eine sogenannte gekreuzte Impfung, bestehend aus dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca gefolgt vom mRNA-Impfstoff von BioNTech Pfizer, nicht nur gut verträglich war, sondern über einen langen Zeitraum auch die höchsten Antikörper-Spiegel im Blut vermittelte. Die Booster-Impfung war besonders bedeutsam für alle, die zweimal den Impfstoff von AstraZeneca erhielten und im Vergleich unserer Studiengruppen zunächst die niedrigsten Antikörper zeigten. Durch eine Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff profitierte diese Gruppe in besonderer Weise. Wesentliches Ergebnis unserer Studie ist, dass neben der Impfstoff-Kombination vor allem das Timing der Impfungen eine wichtige Rolle spielt.

HelCo-Vac hat auch extern überzeugt.
Neben Vorstellungen auf nationalen Tagungen haben wir unsere Daten im letzten Jahr unter anderem auf dem europäischen Pharmakologen-Kongress in Athen und jetzt zuletzt im Mai auch beim Klinischen Kongress von Helios in Berlin präsentiert. Die Gelegenheit, unsere Daten einem breiten Publikum von Fachleuten vorzustellen, hat uns ein wertvolles Feedback und neue Perspektiven eröffnet. Neben mehreren Auszeichnungen während der Kongresse hat es mich sehr gefreut, dass unsere Studiendaten nach einem Review-Verfahren internationaler Gutachter kürzlich in einer renommierten Zeitschrift veröffentlicht wurden. Das war ein bedeutender Meilenstein für die Studie und unterstreicht die wissenschaftliche Relevanz der gewonnenen Erkenntnisse.

Was war die größte Herausforderung bei Ihrem Forschungsprojekt?

Zu Beginn war mir nicht klar, wir heraufordernd es sein würde, neben der normalen Arbeit in der Klinik eine Studie dieser Art und Größe ans Laufen zu bekommen. Schließlich mussten parallel zum Studienbeginn zahlreiche Protokolle erstellt, Anträge bei der Ethikkommission und dem Paul-Ehrlich-Institut eingereicht, die Studie international und natürlich bei Helios registriert werden. Wie organisiere ich gleich mehrfach Blutentnahmen und Analysen bei mehr als 1.000 Studienteilnehmer:innen und wie werten wir diese riesige Datenfülle exakt aus? Das alles gelang nur durch den Einsatz von ganz vielen Kolleg:innen hier in Hildesheim! Das führt mich zur dritten großen Stärke dieses Projekts: Ich habe erlebt, wie wertvoll das Helios-Netzwerk ist. An einer Klinik ohne wissenschaftliche Infrastruktur ergaben sich natürlich viele Fragen, weshalb ich an verschiedene, mir zunächst unbekannte Türen bei Helios klopfte und um Unterstützung bat. Schön war zu erleben, dass sich im übertragenen Sinne Türen öffneten, und sich dahinter hilfsbereite Expert:innen zeigten, ohne die das Projekt in dieser Qualität letztlich nicht möglich gewesen wäre. Ein besonderer Dank geht deshalb nach Wuppertal an das Helios Universitätsklinikum, wo ich mit Frau Prof. Petra Thürmann eine exzellente Mentorin fand, Herrn Prof. Serge Thal mit seiner Expertise als wissenschaftlichen Leiter gewinnen konnte sowie Herrn Prof. Sven Schmiedl vom Zentrum für Klinische Studien an der Universität Witten/Herdecke, ohne dessen Team die statistische Analyse der Daten nicht möglich gewesen wäre. Eine gute Idee zum richtigen Zeitpunkt, ein tolles lokales wie überregionales Helios-Netzwerk: das alles führte zum Erfolg dieses Projekts.

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