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Ganzheitlich vorsorgen und Beschäftigungsfähigkeit sichern

Gesundheitliche Probleme können die Beschäftigungsfähigkeit gefährden, und das, obwohl viele Erkrankungen dank ganzheitlicher arbeitsmedizinischer Vorsorge vermieden werden könnten. Damit leistet die Arbeitsmedizin einen Beitrag zum Erhalt und zur Verbesserung der Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung. Durch Änderung der Verhaltensweisen mit positivem Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Beschäftigten gibt es zusätzlich einen positiv ausstrahlenden Effekt auf die Gesamtbevölkerung. Zudem werden soziale Schichten mit geringem Präventionsbewusstsein erreicht. Unser Experte Dr. med. Jürgen Metzenmacher erklärt im Interview, wie die arbeitsmedizinische Vorsorge dabei helfen kann, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und welche Potenziale in ihr noch stecken.

27. März 2024
Arbeitskreis - Team - Beratung

Herr Dr. Metzenmacher, was ist das Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist es, die allgemeine Gesundheit von Beschäftigten zu erhalten und die Beschäftigungsfähigkeit langfristig zu sichern. 

Welche Rolle spielt Vorsorge in der Arbeitsmedizin? 

Eine meiner wesentlichen Aufgaben als Arbeitsmediziner ist es, Vorsorge ganzheitlich zu denken. So befasse ich mich mit der Gesunderhaltung von Beschäftigten, indem ich die Wechselbeziehungen zwischen Arbeit und Gesundheit untersuche. Dazu gehören einerseits die Einflüsse der Arbeit auf die Gesundheit. Andererseits gehören hierzu auch die Auswirkungen der individuellen Gesundheit auf die Beschäftigungsfähigkeit arbeitender Menschen. Somit setzt die ganzheitliche Vorsorge einen neuen Schwerpunkt.

Welche arbeitsmedizinischen Maßnahmen gibt es mit Hinblick auf die Vorsorge?

Im Rahmen der bestehenden arbeitsmedizinischen Vorsorge können gesundheitliche Probleme, welche die Beschäftigungsfähigkeit beeinträchtigen, besprochen werden. So kann beispielsweise innerhalb einer speziellen Vorsorgeuntersuchung, zum Beispiel zu Lärm, auch ein schmerzendes Knie thematisiert werden.

Im Idealfall beraten meine Kolleg:innen und ich Mitarbeitende, welche Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie in Frage kommen. Dabei sollten die Gesamtheit der von Mitarbeitenden ausgeübten Tätigkeiten, beruflich wie privat, sowie die damit verbundenen Belastungen im Gespräch erörtert werden. Die betriebsärztliche Beratung muss die individuelle Gesundheit der Beschäftigten umfassend berücksichtigen. Es ist nicht mehr gerechtfertigt, die Vorsorge auf den aktuellen Anlass zu beschränken.

Ich empfehle die Zeit-Slots für Vorsorgeuntersuchungen großzügig zu bemessen. Sollte die Zeit am Untersuchungstermin nicht ausreichen, vereinbaren wir einen Folgetermin.

Was ist die Grundlage einer ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Die ausführliche Anamnese ist ein zentrales Instrument und die Basis für die Früherkennung von Erkrankungen, insbesondere für psychische. Innerhalb dieser erfrage ich die Situation am Arbeitsplatz und die eigene Bewältigung der Arbeitsanforderungen. Dabei schließe ich die Familiengeschichte ein, berücksichtige die Vorerkrankungen des Beschäftigten, nehme die aktuellen Beschwerden im Bezug zur Arbeit auf und betrachte den Schlaf, Appetit und Verdauung. Ebenso erfrage ich mögliches Suchtverhalten wie Rauchen oder Alkohol und erkundige mich nach der Medikation und nach dem Impfstatus.

Ein wichtiges Signal psychischer Störungen können Schlafstörungen sein. Hier suche ich das Gespräch mit dem Beschäftigten. Ich versuche die Ursachen zu erörtern und über Lösungsmöglichkeiten zu sprechen.

Wie ist der Zugang zur arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Die ganzheitliche Vorsorge sollte niedrigschwellig angeboten werden, sodass Beschäftigte einfach und unkompliziert betriebsärztliche Beratungstermine von sich aus vereinbaren können. 

Welche Erkrankungen lassen sich im Rahmen der ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge erkennen?

Die ganzheitliche Vorsorge lässt möglicherweise noch nicht symptomatische Erkrankungen und einen möglichen Arbeitsbezug frühzeitig erkennen. Dies gilt insbesondere für Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, Erkrankungen des Bewegungsapparats und psychische Störungen. Diese Erkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen einer beeinträchtigten Beschäftigungsfähigkeit.

Am Beispiel der arteriellen Hypertonie und des Diabetes mellitus lässt sich aus der arbeitsmedizinischen Erfahrung in Übereinstimmung mit der wissenschaftlichen Literatur nachweisen, dass eine frühe Diagnosestellung Folgeschäden wie eine Herzinsuffizienz oder einen Schlaganfall vermeiden kann. Oftmals ist dies schon durch einfache Verhaltensänderungen zu erreichen, die in der Sprechstunde vermittelt werden.

Wie sieht es mit psychischen Störungen aus?

Auch für psychische Störungen ist eine Früherkennung von größter Bedeutung. Langfristige psychotherapeutische Behandlungen können durch frühe Intervention vermieden werden. 

Helios Arbeitsmedizin Krefeld

Arzt für Arbeitsmedizin

Oft kommen belastende Konflikte am Arbeitsplatz oder im Privatleben nur unter dem Schutz der ärztlichen Schweigepflicht zur Sprache. 

Bei psychischen Beschwerden kann eine betriebsärztliche Beratung und Unterstützung in der Arbeitssituation hilfreich sein.

Im betriebsärztlichen Beratungsgespräch wird häufig ein konkreter Rehabilitationsbedarf deutlich. Ein niederschwelliger Zugang zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ermöglicht eine frühzeitige Intervention und Einleitung einer Rehabilitationsmaßnahme. 

Worauf sollte bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge geachtet werden?

Nicht zuletzt erlaubt eine professionelle Dokumentation arbeitsmedizinischer Vorsorge die Auswertung betriebsärztlicher Erkenntnisse – und damit zum Beispiel die Identifikation gehäufter arbeitsbezogener Beschwerden oder Erkrankungen bei bestimmten Beschäftigungsgruppen. Daraus lassen sich präventive Maßnahmen für die jeweilige Abteilung ableiten.