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Arbeit ohne Ausbrennen: Was Unternehmen tun können

Druck, Überstunden, fehlende Pausen – psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit und gehören zu den häufigsten Ursachen für Fehltage. Die gute Nachricht: Arbeitgeber haben es in der Hand, etwas zu verändern. Eine Gefährdungsbeurteilung hilft, Belastungen aufzudecken und gezielt gegenzusteuern. Wie das funktioniert und warum es sich lohnt, erklärt Arbeitspsychologin Janika Schmidt im Interview.

16. Dezember 2024
Stress und Belastungen

Frau Schmidt, warum ist es für Unternehmen wichtig, die psychische Belastung ihrer Mitarbeitenden zu überprüfen?

Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens bei der Arbeit. Wenn die Bedingungen dort nicht stimmen, leidet unsere Gesundheit. Wussten Sie, dass psychische Erkrankungen im Schnitt zu 30 Ausfalltagen führen – länger als bei anderen Krankheiten? Sie sind auch ein Hauptgrund für Frühverrentungen.

Unternehmen sollten sich daher fragen: Wie können wir die Gesundheit unserer Mitarbeitenden langfristig erhalten? Eine psychische Gefährdungsbeurteilung hilft dabei, Problemfelder zu erkennen und gezielt anzugehen. 

Helios Arbeitsmedizin Bonn

Eine Gefährdungsbeurteilung lohnt sich doppelt: für die Mitarbeitenden und für das Unternehmen – durch weniger Fehlzeiten, stärkere Teams und ein besseres Betriebsklima.

Gibt es gesetzliche Regelungen?

Ja, die gibt es. Seit 2013 sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen. Das Arbeitsschutzgesetz fordert, die Arbeit so zu gestalten, dass Gefährdungen für die Gesundheit - physisch und psychisch - minimiert werden.

Wie oft diese Beurteilungen stattfinden müssen, wird allerdings nicht konkret vorgegeben. Wir empfehlen eine Überprüfung alle drei Jahre. Unterlassen Unternehmen die Gefährdungsbeurteilung, drohen Sanktionen wie etwa Bußgelder.

Was genau versteht man eigentlich unter psychischer Belastung am Arbeitsplatz und was sind die Folgen?

Psychische Belastung ist im Grunde alles, was von außen auf uns einwirkt und uns fordert – sei es durch die Art der Aufgaben, die Organisation, das Arbeitsumfeld oder das Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen. Jeder nimmt das anders wahr: Was für den einen kein Problem darstellt, kann für den anderen zu einer echten Belastung werden, beispielsweise Lärm oder unklare Arbeitsabläufe.

Die Folgen können vielfältig sein – von Schlafproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zu Burnout oder psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Magenproblemen.

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Langfristig sinkt die Lebensqualität und es kann zur inneren Kündigung kommen. Deshalb ist es wichtig, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass Belastungen nicht krank machen.

Die Gefahren, denen Mitarbeitende am Bau ausgesetzt sind, lassen sich leicht nachweisen. Bei psychischen Belastungen ist das nicht so eindeutig. Wie gehen Sie vor?

Das stimmt, aber es gibt erprobte Methoden. Workshops, moderierte Gruppendiskussionen oder Interviews sind eine Möglichkeit, um Mitarbeitende direkt einzubeziehen. Sinnvoll sind auch standardisierte Befragungen mit validierten Instrumenten, bei denen die Belastungssituation anonym erfasst wird. Oft beginnt man mit einer allgemeinen Befragung und analysiert dann gezielt Problemfelder.

Wichtig ist, die Methode an den Betrieb anzupassen, denn jeder Arbeitsplatz ist anders. Ein Ampelsystem hilft dabei, die Ergebnisse verständlich aufzubereiten und Prioritäten zu setzen.

Gibt es Branchen oder Berufe, in denen die psychischen Belastungen höher sind?

Ja, auf jeden Fall. In Pflegeberufen zum Beispiel kommen viele Belastungen zusammen: hoher Zeitdruck, Schichtarbeit, Arbeitsverdichtung und der emotionale Umgang mit schweren Schicksalen. Das ist extrem fordernd.
Ganz anders ist die Belastung in monotonen Berufen, etwa in der Industrie. Immer die gleichen Aufgaben ohne Abwechslung oder Sinn können genauso zermürbend sein.

Aber es gibt auch branchenübergreifende Faktoren wie destruktive Führung, fehlende Wertschätzung oder mangelnde Teamarbeit. Diese Belastungen müssen erkannt und ernst genommen werden.
Egal in welcher Branche: Die Verantwortung für bessere Arbeitsbedingungen liegt immer auch bei den Führungskräften.

Was können Unternehmen tun, um die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu stärken?

Das Wichtigste ist, die Beschäftigten einzubeziehen und regelmäßig hinzuschauen: Wo drückt der Schuh? Und dann gezielt darauf zu reagieren. Lösungen nach dem Gießkannen-Prinzip funktionieren nicht immer, weil die Belastungen je nach Team oder Arbeitsplatz unterschiedlich sind.

Ein guter Ansatz ist das sogenannte TOP-Prinzip: Maßnahmen auf technischer, organisatorischer und persönlicher Ebene. Gibt es zum Beispiel soziale Spannungen im Team, helfen moderierte Gespräche oder Teambuilding. Bei Personalengpässen und Pausenausfällen können Vertretungsregelungen optimiert werden.

 

 

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Generell wirkt vieles positiv, was Transparenz schafft, Handlungsspielräume fördert oder Teams stärkt. Was oft unterschätzt wird: Mitarbeitende aktiv mitgestalten zu lassen. Das stärkt nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Motivation.

Kann ein Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilung alleine durchführen oder braucht es externe Hilfe?

Das hängt von den Ressourcen und Kompetenzen im Unternehmen ab, aber ich würde sagen: Externe Hilfe lohnt sich. Nehmen wir beispielsweise den Datenschutz – ein sensibles Thema. Die Mitarbeitenden müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Angaben anonym bleiben. Und da helfen externe Experten. Sie übernehmen die Datenerhebung und -auswertung, so dass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind. 

Der Erfolg einer Gefährdungsbeurteilung hängt auch davon ab, ob die Beschäftigten offen über Probleme sprechen können. Das funktioniert gegenüber Externen erfahrungsgemäß besser. Ohne ehrliches Feedback fehlt die Grundlage für wirksame Maßnahmen. Unternehmen sind gut beraten, auf Fachleute zu setzen – so wird der Prozess qualitativ hochwertig und trägt langfristig Früchte.

Wie kann Helios dabei unterstützen?

Wir begleiten Unternehmen durch den gesamten Prozess der psychischen Gefährdungsbeurteilung. Das beginnt bei der Beratung zur Methodik, geht über die Analyse von Belastungsfaktoren bis hin zur Entwicklung und Umsetzung konkreter Maßnahmen. Wir arbeiten interdisziplinär, mit Kolleg:innen aus Psychologie, Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit – so bekommen unsere Kunden eine Rundum-Beratung. 

 

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Unsere Teams sind deutschlandweit vertreten, was besonders für Unternehmen mit mehreren Standorten von Vorteil ist. Und natürlich ist die Qualität wichtig: Wir arbeiten nach wissenschaftlich fundierten Standards.

Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell im Bereich der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz? 

Wir beobachten, dass Konflikte in Teams zunehmen, sei es aufgrund von Generationenunterschieden, gesellschaftspolitischen Differenzen oder einfach durch den steigenden Druck im Arbeitsalltag. Hier ist ein frühzeitiges Konfliktmanagement entscheidend.

Ein weiteres Thema ist die wachsende Unsicherheit: Wirtschaftliche Umbrüche, Stellenabbau oder komplexe Anforderungen machen es Beschäftigten schwer, Vertrauen zu behalten. Und dann ist da noch die Arbeitsverdichtung durch die ständige Erreichbarkeit und den Digitalisierungsstress. All das sind Probleme, die Unternehmen aktiv angehen müssen.

Was möchten Sie Führungskräften und Unternehmen abschließend mit auf den Weg geben?

Sehen Sie den Arbeitsplatz als Schutzraum, den Sie aktiv gestalten können. Für Ihre Mitarbeitenden ist der Job ein zentraler Lebensanker, den sie nicht so einfach aufgeben können, selbst wenn es schwierig wird. 

Genau deshalb sollten Führungskräfte darauf achten, dass ihre Mitarbeitenden gesund bleiben – psychisch und körperlich. Wer seine Mitarbeitenden wertschätzt und unterstützt, hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern stärkt auch die eigene Unternehmenskultur.