Zur Person:
Isra Gülderen macht seit 2023 eine Weiterbildung zum Arbeitsmediziner bei der Helios Arbeitsmedizin in Bonn. Zuvor hat er in der Inneren Medizin und Dermatologie gearbeitet – sowohl in Kliniken als auch in medizinischen Zentren. Sein Medizinstudium absolvierte er von 2012 bis 2019 in Essen. Geboren und aufgewachsen in Duisburg, hat er sich mittlerweile ganz der Gesundheitsprävention in Unternehmen verschrieben.
Herr Gülderen, was hat Sie an der Arbeitsmedizin besonders gereizt, und wie unterscheidet sich Ihr Arbeitsalltag heute von Ihrer früheren Tätigkeit?
Mich hat vor allem der präventive Ansatz gereizt – also Krankheiten bestenfalls gar nicht erst entstehen zu lassen. Vor meinem Wechsel zur Arbeitsmedizin war mein Klinikalltag oft hektisch: Patienten kamen erst, wenn sie bereits ernsthafte Beschwerden hatten, und viele Entscheidungen mussten unter Zeitdruck getroffen werden.
Heute kann ich mir mehr Zeit für die Vorsorge nehmen und aktiv dazu beitragen, dass Menschen gesund bleiben. Wenn ich beispielsweise feststelle, dass jemand durch seine Arbeit Rückenschmerzen bekommt, kann ich direkt Maßnahmen vorschlagen – etwa bessere Bürostühle, regelmäßige Bewegungspausen oder gezieltes Training.
Was mich begeistert, ist die Abwechslung. Arbeitsmedizin vereint verschiedenste medizinische Disziplinen mit Aspekten der Prävention, Ergonomie und Arbeitspsychologie, um die Gesundheit am Arbeitsplatz ganzheitlich zu betrachten.
Welche Fähigkeiten braucht ein guter Arbeitsmediziner?
Kommunikationsstärke und Empathie sind essenziell. Oft geht es darum, zwischen den Interessen von Unternehmen und Mitarbeitenden zu vermitteln und Kompromisse zu finden. Dann macht die richtige Kommunikation den Unterschied.
Genauso wichtig ist Organisationstalent, da wir es häufig mit komplexen Abläufen und vielen gesetzlichen Vorgaben zu tun haben. Das erfordert eine enge Abstimmung mit Personalabteilungen, Sicherheitsbeauftragten und Führungskräften – also viel Koordination im Hintergrund.
Zudem braucht es ein gutes Gespür für Zusammenhänge. Denn hinter Beschwerden steckt oft mehr als nur eine falsche Sitzhaltung – manchmal sind es psychische Belastungen. Ein breites medizinisches Wissen ist ebenfalls von Vorteil. Schließlich hat man mit vielen Fachrichtungen zu tun, von der Inneren Medizin über die Orthopädie bis hin zur Dermatologie.
Was würden Sie Kolleg:innen raten, die über einen Wechsel in die Arbeitsmedizin nachdenken?
Mein Tipp: Einfach mal mit Betriebsärzten sprechen und Einblicke in den Berufsalltag gewinnen. Viele haben ein falsches Bild von diesem Fach – sie denken, es gehe nur um Büroarbeit oder Routineuntersuchungen. Tatsächlich ist die Arbeit sehr praxisnah und vielseitig.
Man sollte sich auch nicht von rechtlichen Themen abschrecken lassen. Natürlich gibt es Vorschriften, die man beachten muss – aber die lernt man mit der Zeit. Wichtig ist, dass man Spaß an präventiver Medizin hat und gerne interdisziplinär arbeitet.
Und nicht zu vergessen: Die bessere Work-Life-Balance ist ein echter Pluspunkt: Es gibt keine Nachtschichten und man hat geregelte Arbeitszeiten.